Das LSG Niedersachsen-Bremen verneinte eine Anrechnungszeit nach § 252 SGB VI. Vorläufig bewilligtes Bürgergeld zählt nicht, wenn die endgültige Festsetzung null Euro ergibt und der Sachverhalt auf Täuschung beruht. Das kann eine Erwerbsminderungsrente scheitern lassen.
Inhaltsverzeichnis
Urteil und Bedeutung des Falls
Das Landessozialgericht entschied am 23. Juni 2025 (Az.: L 2 R 35/25). Es hob den Gerichtsbescheid des SG Lüneburg vom 9. Januar 2025 auf. Die Klage auf Erwerbsminderungsrente blieb ohne Erfolg. Die Revision ließ das Gericht nicht zu.
Für Betroffene heißt das: Vorläufige Zahlungen sichern die Rentenanwartschaft nicht automatisch ab. Entscheidend ist die spätere endgültige Entscheidung und der zugrunde liegende Sachverhalt.
Der konkrete Hintergrund
Der Kläger erlitt am 30. November 2019 einen Hirninfarkt. Ab diesem Zeitpunkt lag volle Erwerbsminderung vor. Für die Rente fehlte jedoch die sogenannte 3/5-Belegung. Im erweiterten Fünfjahreszeitraum waren nicht 36 Pflichtbeitragsmonate vorhanden.
Zwischen November 2010 und März 2013 gab es eine Lücke im Versicherungsverlauf. In diesem Zeitraum waren zwar Leistungen nach dem SGB II vorläufig bewilligt. Später setzte das Jobcenter die Ansprüche endgültig auf null. Begründung: fehlende Mitwirkung und Hinweise auf selbstständige Tätigkeit mit tatsächlichen Einnahmen.
Was als Anrechnungszeit zählt
Anrechnungszeiten schützen Ansprüche, wenn Beiträge fehlen. Dazu gehören etwa Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit oder Bürgergeldbezug. Der Gesetzgeber ordnet das in § 43 und § 252 SGB VI.
Für die 3/5-Belegung zählen nur Pflichtbeiträge aus Beschäftigung oder Selbstständigkeit. Der Fünfjahreszeitraum verlängert sich um bestimmte anwartschaftserhaltende Zeiten. Dazu gehört auch Bürgergeld, wenn ein rechtlich tragfähiger Bezug vorliegt.
Warum vorläufige Leistungen hier nicht reichten
Das Gericht stellte auf den tatsächlichen und rechtlich bestehenden Leistungsbezug ab. Vorläufige Bewilligungen dienen der schnellen Sicherung. Sie stehen unter dem Vorbehalt der endgültigen Festsetzung.
Ergibt die Endfestsetzung keinen Anspruch, fehlt der rentenrechtliche „Bezug“. Das gilt erst recht bei einem betrügerischen Vorgehen.
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Bescheid prüfenDer Senat wollte einen solchen Sachverhalt nicht mit Anrechnungszeiten belohnen. Im Ergebnis blieb die Lücke bestehen. Damit scheiterte die Erwerbsminderungsrente an den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.
Einordnung im Rechtssystem
Die Entscheidung folgt einer strengen Linie: Maßgeblich ist der Bezug mit Rechtsgrund. Vorläufigkeit allein genügt nicht.
Auch die Rechtsprechung versteht den Begriff „Bezug“ häufig als tatsächliche Auszahlung bei bestehendem Anspruch. Das stärkt die Sicht, dass nur tragfähige Leistungen Anrechnungszeiten auslösen.
Wichtig bleibt dennoch der Einzelfall. Nicht jede vorläufige Bewilligung verliert später ihre Wirkung. Entscheidend sind Aktenlage, Mitwirkung, Einkommen und die Endfestsetzung.
Folgen für Bürgergeld-Beziehende
Für Sie zählt jede Lücke in den rentenrechtlichen Zeiten. Lücken können spätere Ansprüche gefährden. Vorläufige Entscheidungen helfen nur, wenn die Endfestsetzung den Anspruch bestätigt.
Wer selbstständig arbeitet, sollte die Pflichtversicherung prüfen. Ohne Pflichtbeiträge drohen fehlende Monate. Das hat direkte Folgen für die Erwerbsminderungsrente.
Praxis: So sichern Sie Ihre Ansprüche
- Prüfen Sie Ihren Versicherungsverlauf regelmäßig. Fordern Sie bei Unstimmigkeiten eine Klärung an.
- Reichen Sie geforderte Unterlagen fristgerecht ein. Ohne Nachweise riskiert man Null-Festsetzungen.
- Dokumentieren Sie Einnahmen und Ausgaben vollständig. Das gilt besonders in der Selbstständigkeit.
- Nutzen Sie freiwillige Beiträge, wenn Pflichtbeiträge fehlen. So lassen sich Lücken teilweise schließen.
- Lassen Sie Bescheide von Beratungsstellen prüfen. Fristen laufen oft kurz und strikt.
Was das Urteil nicht sagt
Das Gericht erklärte nicht, dass vorläufige Bewilligungen generell nie zählen. Es entschied über einen speziellen Fall mit Täuschungselementen.
Wer rechtmäßig vorläufige Leistungen erhält und später endgültig bewilligt bekommt, kann Anrechnungszeiten wahrnehmen. Maßgeblich bleibt der Endbescheid.
Checkliste für Betroffene
Behalten Sie drei Punkte im Blick.
Erstens: Endgültige Bewilligung prüfen.
Zweitens: Mitwirkung sicherstellen.
Drittens: Bei Lücken Beitragsoptionen nutzen.
Sie vermeiden so spätere Anwartschaftsprobleme und schützen Ihre Rentenansprüche.